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Reisebericht In 35 Tagen rund um Australien


Auf den Spuren des Australien-Erstumseglers Matthew Flinders


Als Australien noch Neuholland hiess und man noch nicht so genau wusste, welche Form die Insel haben würde, sandten die Engländer 1801 Matthew Flinders aus, den neuen Kontinent zu erforschen und zu kartografieren. Er brauchte drei Jahre.


Was vor 200 Jahren noch ein Abenteuer auf Leben und Tod war, ist heute eine Vergnügungsreise in Luxus. Unsere MS Volendam der Holland-America-Line brauchte gerade mal 35 Tage, und dies in gemütlicher Fahrt und mit 17 Zwischenstopps in den attraktivsten Häfen, wo die 1400 Passagiere unter zahlreichen Ausflugsangeboten wählen durften. Organisierte Exkursionen mit klaren Zielen und touristischen Highlights, inklusive Koala-Knutschen und Kängurufüttern.

Matthew Flinders Landgänge hatten noch einen ganz anderen Charakter. Seine Männer litten auf den monatelangen Seereisen an Skorbut (eine fürchterliche Krankheit, bei der zuerst die Zähne ausfallen und dann Geschwüre am ganzen Körper entstehen), die auf Vitaminmangel zurückzuführen ist. Bei Landgängen ging es bei ihm also stets um Leben und Tod. Entweder man fand was Geniessbares – oder dann halt nicht. Neben Früchten und Pflanzen musste aber auch frisches Fleisch her. Wo immer Flinders Männer landeten, schossen sie, was ihnen vor die Flinten kam. Kängurus, Vögel, Gänse, Robben. Von Kängurus muss es zu Flinders Zeiten nur so gewimmelt haben. Das war vor 200 Jahren.

Heute möchten die Touristen auch gerne Kängurus sehen, aber ein normaler Landgang reicht dazu nicht mehr. In den Agglomerationen rund um die grossen Städte, wo sich die Menschen mit ihren Betonwüsten breit gemacht haben, sind die Kängurus verschwunden, man findet sie eigentlich nur noch in Tierparks. Natürlich gibt es sie auch noch in freier Wildbahn – die Farmer werden das mit Murren bestätigen – aber wer mit dem Auto auf Australiens Strassen unterwegs ist, wird wohl mehr tote Tiere am Strassenrand finden als lebendige rumhopsen sehen. Deshalb gibt es nur eines: Ab in die Tierparks.

Das soll nun nicht abwertend gemeint sein. Bei den meisten australischen Tierparks liegt die Betonung auf Park, in denen die «problemlosen» Tiere – wie zum Beispiel die Kängurus – zusammen mit den Menschen unterwegs sind. Das gibt schöne und herzerfrischende Kontakte mit diesen sanften Kreaturen, die sich auch gerne füttern lassen.

Die Beuteltiere gehören zu den australischen Highlights. Der Topfavorit ist zweifellos der Süssling der Nation (seit 1937 geschützt und sowas wie ein Wappentier Australiens), der Koala. Diesen findet man leicht in den Tierparks (in einigen kann man ihn sogar knutschen und sich ein Erinnerungsbild davon machen lassen), aber mit etwas Geduld auch auf einer Safari in der Wildnis. Wir fanden mehrere Exemplare auf Kangaroo Island in South Australia nahe bei Adelaide. Natürlich dösend hoch oben in den Eukalyptusbäumen, da ist dann nichts mit Knutschen. Dennoch in eindrückliches Erlebnis!

Ein weiterer tierischer Höhepunkt waren die Tasmanischen Teufel, die wir in Burnie (Tasmanien) ausgezeichnet beobachten konnten, weil dort in einem «Devil-Sanctuary» «Waisenkinder» mit der Flasche grossgezogen werden. Wir fanden den «Teufel» äusserst liebenswert.

Auf unserer Australien-Umrundung machten wir auch noch Halt in Komodo (Indonesien). Hier ist der weltberühmte Komodo-Waran zuhause. Er galt lange als ausgestorben, doch dann fand man ihn auf einigen indonesischen Inseln, darunter in Komodo, wo noch etwa 2300 Exemplare leben. Diese sind heute geschützt und leben in einem Nationalpark, der UNESCO-Welterbe ist. Natürlich liessen wir es uns nicht nehmen, ihn zu besuchen. Die Begegnung mit dem «Drachen» war eindrücklich. Er lebt dort keineswegs eingesperrt in einem Gehege, sondern teilt sich das Terrain mit den ihn besuchenden Touristen. Die kursierenden Geschichten, dass er schon Leute getötet habe, gehören aber wohl eher in den Bereich Marketing.

Von den Grossstädten Australiens stechen zwei besonders hervor: Sydney und Perth. Beide Metropolen sind voller Leben – aber leider auch voll von Verkehr. Bezüglich Autoverrücktheit unterscheiden sich die Australier offenbar nicht von den Europäern. Jeder will eins, jeder fährt eins, und so steht man hier wie überall im Stau. Da ist von der vielbeschriebenen Weite des Kontinents nicht mehr viel übrig, da wird es auch immer enger.

In Melbourne haben wir es dann vorgezogen, die Wolkenkratzer beiseite zu lassen und dafür eine Zeitreise zu unternehmen, zurück in 1850er-Jahre, als der Goldrush blühte. Nach Ballarat, der berühmten Goldgräberstadt. Es sind keine «Walt-Disney-Kulissen» wie wir befürchtet haben, sondern echte Bauten aus jener Zeit. Originale Hotels samt Inventar, eine Bakery, wo wir (endlich) einen echten australischen Beef-Pie erstanden. Ein runder Cake gefüllt mit Hackfleisch, schmeckt ganz gut. Dazu ein Original Ginger Beer. Sehr authentisch. Wie auch die Stores, die nicht nur Lebensmittel aus der Zeit um 1850 führen, sondern auch Goldpfannen, Schaufeln, Schuhe und Kleider. In einem anderen Gebäude ist die Zeitungsredaktion untergebracht (die Ballarat Times), das Post Office, das Theater, ein Bowlingroom («einhändiges Bowlen verboten»), die Apotheke, der Furniture Store, der Schmid, dann natürlich die Goldhändler, die den Goldwäschern die Ware abkauften, die Banken usw. Und natürlich darf auch die Original-Kutsche mit den vier stämmigen Pferden nicht fehlen, die ständig im Dorf unterwegs ist. Dazu jede Menge zeitgemäss (1850) gekleidete Leute, die das Dorfbild vervollständigen – Polizisten, Soldaten, gediegene Damen, Schülerinnen mit ihren Gouveranten – es sind Angestellte des Museums.

Zur grossen Ernüchterung wurde der Besuch des Great Barrier Reefs. Jeder kennt es – aus dem Fernsehen. Da sieht man Aufnahmen, die aus dem Weltall gemacht wurden, toll, ein 2300 Kilometer langes Riff... Da werden einem die schönsten Dok-Filme gezeigt, mit farbigen Korallen und bunten Fischen. Fantastisch aufgenommen – mit Taucherlampen, damit die Farben leuchten. Dass viele Korallen schon tot und die Riffe 50-100 km vom Land entfernt sind, realisiert man nicht. Auf den Malediven schwimmt man vom Hotel zum Riff raus, hier nicht. Hier braucht man ein Schiff, um zum Riff zu kommen. Oder einen Helikopter, um sich das Ganze von oben anzuschauen. Wir dampften mit unseren Kreuzfahrtschiff drei Tage lang dem Riff entlang (in gebührender Entfernung...) ohne es zu sehen, da gab's nur Wasser. Eine ziemliche Ernüchterung machte sich breit. Und um zum Schnorcheln zu kommen, mussten wir 2 Stunden in einem Katamaran nach «Knuckle Reef» fahren. Dort konnte man von einem Ponton aus die Korallen beobachten. Alle grau, alle tot. So haben wir uns das nicht vorgestellt...

Ein echter Höhepunkt war Kangaroo Island. Diese kleine Insel (rund 4'000 km2, also etwa ein Zehntel der Schweiz) hat sich als Paradies halten können, fast die Hälfte der Fläche sind Nationalparks. Landschaft und Küsten sind einmalig schön, dazu kommt eine reiche Tierwelt (Seelöwen, Pelzrobben, wildlebende Koalas) – nur Kängurus bekommt man kaum zu Gesicht. Natürlich gibt es sie (die Farmer sind keine Fans von ihnen), aber sie zeigen sich nicht. Nur am Strassenrand liegen ihre Gebeine, als Opfer des Verkehrs. Ein Highlight sind die «remarkable Rocks», riesige Felsbrocken, die in früher Zeit von Gletschern auf den Kliffs «abgestellt» worden sind. Ein Touristenmagnet. Gut, dass es sie gibt, die Touristen. Denn wenn man die Felsbrocken ohne Menschen fotografiert, kann man ihre Mächtigkeit nicht erkennen.

 

Fritz Kleisli, November 2012



Mehr im Logbuch zum Download:
>Reisetagebuch Web (20 A4-Seiten, 1.4 MB)



>Fotogalerie Australien Nord (Darwin, Cairns)

>Fotogalerie Australien Südwest (Perth, Albany)

>Fotogalerie Australien Südost (Adelaide, Melbourne)

>Fotogalerie Australien Sydney

>Fotogalerie Australien Tiere

>Reisetagebuch (20 A4-Seiten, 1.4 MB)


Auf der MS Volendam von Sydney nach Sydney
– im Gegenuhrzeigersinn.
Nur aus der Luft zu sehen: Das Great Barrier Reef. Blick aus dem Helikopter.
Eine Stunde von Melbourne entfernt: Zurück in die Goldgräberstimmung von 1850 – Ballarat.
Kangaroo Island: Der Admirals Arch und ein Felsbrocken der «Remarkable Rocks»